In einer Zeit, in der die Diskussion um Künstliche Intelligenz zwischen blindem Fortschrittsglauben und dystopischer Zukunftsangst schwankt, gelingt es diesem Buch, einen bemerkenswert sachlichen und zugleich tiefgründigen Ton zu setzen. „Künstliche Intelligenz und Wir“ ist weit mehr als ein technikzentriertes Lehrwerk – es ist eine kluge Einladung zur gesamtgesellschaftlichen Auseinandersetzung mit einem der prägendsten Themen unserer Epoche.
Was sofort auffällt: Das Buch macht keine Kompromisse. Es richtet sich an Studierende, Lehrende, politische Entscheidungsträger und Medienakteure gleichermaßen. Das ist ambitioniert – und funktioniert. Denn es gelingt den Autorinnen und Autoren, eine ebenso fundierte wie zugängliche Darstellung zu liefern, ohne dabei in populärwissenschaftliche Vereinfachung oder elitäre Fachsprache zu verfallen. Das Werk schöpft aus einem interdisziplinären Pool an Perspektiven: Philosophie, Technik, Recht, Ethik, Ökonomie und Sicherheitspolitik kommen gleichermaßen zu Wort. Wer sich mit KI wirklich beschäftigen will – also jenseits der Schlagzeilen –, findet hier einen klar strukturierten und inhaltlich dichten Leitfaden.
Die Gliederung in sieben große Themenblöcke bietet dabei Orientierung in einer komplexen Materie. Besonders hervorzuheben ist die stilistische Klarheit, mit der das Buch nicht nur technologische Entwicklungen beschreibt, sondern diese konsequent in ihre gesellschaftlichen Zusammenhänge einbettet. KI wird hier nicht als isoliertes Phänomen gedacht, sondern als Katalysator umfassender Transformation – wirtschaftlich, sozial, kulturell.
Die Einführung führt eindrucksvoll vor Augen, wie rasant sich das Feld in den letzten Jahren entwickelt hat – und dass diese Dynamik nicht ohne Folgen bleibt. Während journalistische Debatten oft zwischen Hype und Horror oszillieren, legt dieses Werk den Fokus auf einen strukturierten Wissensstand, der gleichermaßen informiert wie zum Nachdenken anregt. Der Anspruch ist hoch, aber nicht abgehoben: Der Leser soll nicht nur verstehen, was KI ist, sondern auch, was sie für den Menschen bedeutet – philosophisch, ethisch und politisch.
Inhaltlich besonders spannend ist der kritische Blick auf gegenläufige Positionen innerhalb der ethischen Debatte. Ob Julian Nida-Rümelin mit seiner Warnung vor der Entmenschlichung oder Stefan Bauberger mit seiner Perspektive auf KI als erkenntnistheoretisches Werkzeug – das Buch zeigt: Es gibt nicht die eine Antwort, aber es gibt die Pflicht zur differenzierten Auseinandersetzung.
Was das Werk so wertvoll macht, ist seine Haltung: unaufgeregt, klar, kritisch, aber konstruktiv. Es liefert keine Patentrezepte, wohl aber Argumente – und das in einer Tiefe und Breite, die ihresgleichen sucht. Man spürt: Hier schreiben keine Marketingexperten, sondern Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Haltung.
Mit 583 Seiten und einem Artikelgewicht von rund 788 Gramm ist das Buch im wahrsten Sinne des Wortes ein Schwergewicht. Doch wer es aufschlägt, merkt schnell: Der Aufwand lohnt sich. Denn das Buch ist nicht nur eine Einführung, sondern ein Kompass – für alle, die die Zukunft der KI mitgestalten wollen, statt ihr nur zuzusehen.
Erscheinungsdatum (Ende September)
2025
xv, 568 S. 15 s/w-Abbildungen, 50 Farbabbildungen.
Springer Vieweg. ISBN 978-3-662-71566-6
Format (B x L): 16,8 x 24 cm
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