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AGI als geopolitischer Hebel – Zwischen Marktdynamik und Staatsmacht

Die größte Sorge der USA ist, im Rennen um Künstliche Allgemeine Intelligenz hinter China zu geraten. Aus Angst vor einem staatlich orchestrierten Technologiesprung Pekings rücken Sicherheitsbedenken in den Hintergrund. Milliarden fließen in Rekordtempo in Rechenzentren, Chips und KI-Modelle – Geschwindigkeit hat Vorrang vor Vorsicht, denn wer zu spät kommt, verliert nicht nur Märkte, sondern geopolitischen Einfluss. In den Vereinigten Staaten floss zwischen 2013 und 2024 ein Investitionsvolumen von rund 471 Milliarden US-Dollar in die Entwicklung Künstlicher Intelligenz durch private Unternehmen, allein im Jahr 2024 waren es 109 Milliarden US-Dollar. Der amerikanische Staat steuerte zwischen 2019 und 2023 weitere 328 Milliarden US-Dollar bei. Die fünf größten Hyperscaler – Amazon Web Services, Microsoft, Google/Alphabet, Meta und Oracle – steigerten ihre Ausgaben für Infrastruktur im Jahr 2024 um 66 Prozent auf 211 Milliarden US-Dollar, vor allem aufgrund des Baus neuer KI-Rechenzentr...
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ASI ARC

Stellen wir uns eine Welt vor, in der künstliche Intelligenz nicht nur neue Technologien entwirft, sondern sich selbst immer wieder neu erfindet und dabei den wissenschaftlichen Fortschritt auf ein Tempo hebt, das bisher unvorstellbar war. Genau das behauptet ein aktuelles, viel diskutiertes Forschungspapier, das den markanten Titel „AlphaGo-Moment für die Entdeckung von Modellarchitekturen“ trägt. Im Zentrum steht ein System namens ASI ARC, das nicht länger auf menschliche Designer oder deren Anleitung angewiesen ist. Stattdessen übernimmt es eigenständig die gesamte Suche nach neuronalen Architekturen und könnte damit den Beginn einer neuen Ära der Forschung markieren. Die Autoren bezeichnen es sogar als die erste Demonstration künstlicher Superintelligenz im Bereich der KI-Forschung, speziell in der Entdeckung neuer Modellarchitekturen – ein Schritt, der weit mehr ist als ein weiteres Update im Entwicklungszyklus der KI und der unsere Vorstellung davon, wie Forschung funktioniert, f...

Der „San Francisco Consensus“

Der sogenannte „San Francisco Consensus“, geprägt von Eric Schmidt, dem ehemaligen CEO von Google, beschreibt eine gemeinsame Haltung führender Köpfe aus dem Silicon Valley zur Zukunft der Künstlichen Intelligenz und ihren Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft. Schmidt versteht darunter ein Denken, das technologischen Fortschritt und ökonomische Chancen betont, gleichzeitig aber die Notwendigkeit erkennt, ethische Leitplanken und wirksame Regulierung zu etablieren. Es geht um den Glauben an eine „agentische Revolution“ – ein Zeitalter, in dem KI-gestützte Systeme nicht nur Prozesse automatisieren, sondern produktive Partnerschaften mit Menschen schaffen, neue Wertschöpfung generieren und Unternehmen höhere Gewinne sowie qualifizierte Arbeitsplätze ermöglichen. Doch dieser Optimismus ist gebrochen von der Einsicht, dass derselbe Fortschritt Arbeitsplätze verdrängen, kritische Infrastrukturen verändern und gesellschaftliche Risiken verschärfen kann, wenn er ohne klare Regeln vorangetrie...

Kompass für das KI-Zeitalter - Eine Buchrezension zu "Künstliche Intelligenz und Wir"

In einer Zeit, in der die Diskussion um Künstliche Intelligenz zwischen blindem Fortschrittsglauben und dystopischer Zukunftsangst schwankt, gelingt es diesem Buch, einen bemerkenswert sachlichen und zugleich tiefgründigen Ton zu setzen. „Künstliche Intelligenz und Wir“ ist weit mehr als ein technikzentriertes Lehrwerk – es ist eine kluge Einladung zur gesamtgesellschaftlichen Auseinandersetzung mit einem der prägendsten Themen unserer Epoche. Was sofort auffällt: Das Buch macht keine Kompromisse. Es richtet sich an Studierende, Lehrende, politische Entscheidungsträger und Medienakteure gleichermaßen. Das ist ambitioniert – und funktioniert. Denn es gelingt den Autorinnen und Autoren, eine ebenso fundierte wie zugängliche Darstellung zu liefern, ohne dabei in populärwissenschaftliche Vereinfachung oder elitäre Fachsprache zu verfallen. Das Werk schöpft aus einem interdisziplinären Pool an Perspektiven: Philosophie, Technik, Recht, Ethik, Ökonomie und Sicherheitspolitik kommen gleiche...

Das Zeitalter der "Mega-Firmen" - von Dwarkesh Patel

Dwarkesh Patel, geboren 2000 in Indien und heute im kalifornischen Bay Area ansässig, betreibt seit 2021 den „Dwarkesh Podcast“, der mit zehntausenden Abonnentinnen und Abonnenten als eines der tiefgründigsten KI‑Interviewformate gilt; Gäste wie Jeff Bezos und Mark Zuckerberg loben seine minutiöse Vorbereitung ( Time , Dwarkesh ). Sein jüngstes Projekt ist ein zwölfminütiger YouTube‑Essay, der am 10. April 2025 erschien. Regisseur Peter Salaba setzte dabei ausschließlich Googles Videogenerator Veo V2 ein; kein Frame wurde gefilmt, sämtliche Sequenzen – ob fotorealistische Schauspieler oder Stop‑Motion‑Ameisenkolonie – entstanden in wenigen GPU‑Stunden. Google finanzierte die Produktion nachträglich über die Gemini‑Plattform . Im Text zum Video formuliert Patel eine Vision, die er als „fundamental transformational“ bezeichnet: Wenn Arbeitskraft digital wird, lassen sich fähige Agenten beliebig kopieren. Kapital wandelt sich in Rechenleistung, Rechenleistung in Arbeitskraft; aus Billione...

Warum die AGI mehr als nur Large Language Models benötigt

Große Sprachmodelle wie GPT-4, Claude 3 oder Gemini Ultra haben in den letzten Jahren beeindruckende Fortschritte in der Verarbeitung natürlicher Sprache erzielt. Sie beherrschen komplexe Satzstrukturen, können Gedichte generieren, juristische Texte analysieren oder Programmiercode schreiben. Dennoch zeigen sich bei genauer Betrachtung strukturelle Grenzen, die eine alleinige Nutzung dieser Modelle zur Erreichung einer allgemeinen künstlichen Intelligenz (AGI) als unrealistisch erscheinen lassen. Diese Grenzen sind nicht nur praktischer, sondern auch theoretischer Natur. Sprachmodelle operieren primär auf statistischer Basis, das heißt, sie prognostizieren das nächstwahrscheinliche Token auf Basis von Milliarden Parametern, trainiert auf Terabytes von Textdaten. Doch der Zugriff auf Sprache ersetzt nicht das Verständnis der Welt. Genau hier setzt die Forderung nach einer Integration von World Models und symbolischem Schließen an. World Models beschreiben intern erzeugte Repräsentatione...

Symbolic Reasoning

Symbolic Reasoning stellt eine grundlegende kognitive Technik dar, die auf der Manipulation von Symbolen und abstrakten Repräsentationen basiert, um Schlüsse zu ziehen, Probleme zu lösen und informierte Entscheidungen zu treffen. Diese Form der Verarbeitung spielt eine zentrale Rolle in der Geschichte der Erkenntnistheorie, in der Psychologie, in der Bildung sowie in der Entwicklung künstlicher Intelligenz. Sie erlaubt es, komplexe Sachverhalte in strukturierter Form zu analysieren, wodurch sie nicht nur für menschliches Denken, sondern auch für maschinelles Schließen unersetzlich geworden ist. Bereits Henri Bergson, französischer Philosoph des frühen 20. Jahrhunderts, prägte durch seine Ideen über Zeit und Gedächtnis das Verständnis von symbolischen Prozessen. In seinen Schriften über das "dauerhafte Werden" der Wirklichkeit betonte er die Relevanz dynamischer Prozesse. Jean Piaget griff diesen Ansatz auf und entwickelte daraus seine Theorie der kognitiven Entwicklung, in de...